Warum man sich nach artgerechter Haltung informieren sollte – BEVOR man sich ein Tier anschafft – oder – wie wir Tenya ein schönes Leben ermöglichten

Immer und immer wieder – nahezu jeden Tag – erhalten wir Hinweise zu Ebay Kleinanzeigen mit der Bitte und Hoffnung, dass wir diese „zu verkaufen“ Tiere retten können.
Die Anzahl solcher Fälle ist immens und wir kommen den Anfragen kaum hinterher.

Am Valentinstag ging bei uns eine Anfrage ein, in der die Nachrichtenschreiberin bat, ein Chinchilla aus schlechter Haltung in Schwäbisch Gmünd zu retten. Man sah auf dem Bild nur, dass das Chin alleine in einem Kaninchenkäfig mit einem kleinen Holzhaus und einem Ast leben musste.

Das Fell war mehr als „fettig“ und die kleine Nase war sehr sehr dünn.
Nachdem unsere Tierschutzkollegin Nicole Fuchs mit dem Besitzer Kontakt aufnahm, fanden wir heraus, dass das Chin auch komplett unnatürlich ernährt wurde (frische Karotten, getrocknetes Brot und Kekse! – wir waren fassungslos!).
Auf die Frage, wieso das kleine Wesen denn alleine lebt, bekamen wir die Antwort, dass es ja als Geburtstagsgeschenk für den kleinen Sohn gedacht war – dieser aber nicht glücklich über sein Geschenk war.

So planten wir einige Tage hin und her und dank 2 Privatspendern und dem Tierheim Hoffnung und Liebe e.V. konnten auch die 45€ Verkaufsgebühr aufgebracht werden.

Am Donnerstag den 18. Februar wurde die kleine Maus dann von einem Arbeitskollegen meines Freundes, der gerade mal 5 Min entfernt von dem Verkäufer wohnt, abgeholt.
Die Transportbox mit Futter und einem Schnitz Apfel packte ich bereits Mittwochs und gab diese dem Kollegen inkl. den 45€ mit. Der Kollege brachte meinem Freund den Kleinen Racker dann mit ins Büro. Mein Freund nahm die Kleine Maus aus der Box und packte sie sich in seine Jacke – dort schlief sie an seiner Seite bis er extra früher Feierabend machte und so zog das kleine Chinchilla gegen 15Uhr bei uns vorrübergehend ein.

Als ich den Deckel der Transportbox öffnete schmolz mir das Herz, auch wenn es gleichzeitig blutete. Ich habe nieee zuvor ein Chinchilla gesehen, das so fettiges Fell hatte. Zuerst kontrollierte ich die Ohren, Zähne und das Geschlecht.
Obwohl das Kleine so schlecht und vor allem falsch ernährt wurde, hatte es richtig gute Zähne in einem knalligen Orange (wir tippen, dass dies dem Karotin der Karotten zu verdanken ist).
Die Ohren, der Popo und auch das Geschlechtsteil waren soweit sauber.
Lediglich am Schwanz (der Unterseite) klebten Kotreste vermischt mit Pipi.
Ein unangenehmer Geruch!
Das Geschlecht konnte ich 1A als Weibchen feststellen.

Und so taufte ich die Kleine auf den Namen „Tenya“.
Dies ist indianisch und bedeutet „kostbar/wertvoll“.
Sie hat sofort mein Herz gestohlen <3

Als gute Chinpflegemama gab es bei uns nicht diesen ungesunden „Fraß“, sondern sie bekam genau das gleiche, artgerechte Futter wie meine Lieblinge = Saaten, Pellets, getrocknete Kräuter, Blüten, Blätter und Knabberhölzer.
Sie stürzte sich sofort auf die getrockneten Kräuter und mampfte glücklich drauf los.

Als ich ihr dann eine Wanne voll Sepolith-Sand in den Käfig stellte und sie in die Wanne setze, schaute mich die kleine Maus mit großen Augen an. Sie hatte wohl ihr ganzes Leben lang keinen Sand gesehen (was erklärt, wieso sie so ein schlechtes Fell hatte).
Ich begann ihr langsam den Sand mit der Hand über das Fell zu streuen und sie damit einzureiben.
Erst war sie mehr als schockiert, was da gerade passiert – aber nach ca. 15min legte sie sich in den Sand, fing an zu buddeln und drehte sich – sie badete 🙂
Urinstinkte können auch die schlimmsten Haltungsformen nicht vergessen machen.

Die Kleine gewöhnte sich sehr schnell bei uns ein und badete und badete.
In der ersten Nacht, als wir schliefen, hörte ich sie immer wieder ganz laut schreien.
Ich will mir manchmal gar nicht vorstellen, was die Kleine erlebt hat, damit sie solche Geräusche von sich gibt.
Aber als ich morgens aufwachte, und zu ihr ging, saß sie ganz agil und neugierig auf einem ihrer 3 Häuschen und knabberte eifrig an getrocknetem Bambus. Als ich die Tür öffnete kam sie ganz langsam angetippelt, lies sich streicheln und ohne Gezeter aus dem Käfig nehmen. Dieses Tier hat so eine wunderbare, schöne Aura – eine ganz spezielle Seele <3

Nachdem nach mehr als 24h das Fell immer noch so „speckig“ war, ersetze ich den Sepolith-Sand durch Blue Cloud Dust – und dieser verrichtete seine Arbeit 1A.
Keine 2h später saß sie quietschfidel und plüschig im Käfig. Ich denke, dass sie bereits in den wenigen Stunden bei uns merkte, was ein artgerechtes, glückliches Chinchillaleben bedeutet. Da sie so lieb war, haben wir sie abends dann laufen lassen. Und sie genoss es sichtlich. Die ersten Schritte (ja sie lief! und hoppelte nicht) waren noch etwas schüchtern und ängstlich. Aber wir sprachen ihr gut zu und so fasste sie vertrauen und sauste nach ca. einer halben Stunde durch den Flur und kletterte auf uns herum.
So genossen wir die Tage bis Montag … der Tag an dem sie ausziehen musste.

Tierliebe heisst auch seine Grenzen zu kennen:
So gerne ich diese wunderschöne Maus behalten hätte, ihr ein neues Zuhause schenken wollte, sie lieben wollte – so sehr war mir auch klar, dass sie leider nur zu Besuch ist. Ich selbst habe bereits 5 Chins -> 2 Gruppen, die in sich stabil geschlossen sind.
Da sollte man aus reinem Menschenverstand nichts riskieren.
Außerdem war ja klar, dass die Kleine zu Andrea in die Pflegestation nach Horb ziehen durfte.
Montag war es also so weit. Gegen 17Uhr kam Andrea und holte die kleine Hübsche ab. So sehr es mir das Herz zerbrach, so sehr war ich froh, weil ich wusste, sie hat es gut, dort wo sie nun hinkommt. Und sie bekommt bei Andrea auch endlich einen Freund 🙂 Einen einsamen Kastraten, der erst neulich seine Dame verlor. Die 2 werden es gut haben – das weiß ich.

Und die Erkenntnis?
Egal, welches Tier man sich in sein Leben holen möchte:
Es ist die Pflicht jeden potentiellen Tierhalters sich über die Eigenschaften und Lebensweisen seines neuen Schützlings so gut wie nur möglich zu informieren und somit das artgerechteste Zuhause bieten zu können, das möglich ist.
Genau das ist der Punkt, wieso wir als Nagervermittlung so akribisch die potentiellen neuen Halter und deren Käfige und Futter prüfen, bevor wir einer Vermittlung zustimmen.
Ein Tier zu hegen ist eine Lebensaufgabe, die man nach bestem Wissen und Gewissen meistern muss.
Wie heißt es so schön?

Behandle dein Tier so, dass ihr im nächsten Leben problemlos die Rollen tauschen könntet.
Also informiert euch bevor ihr euch ein Tier als Freund ins Leben holt. Wir helfen euch gerne dabei und auch danach 🙂

Einzugstag – erster Sand

 

Erster Tag nach Einzug

 

Zweiter Tag – Blue Cloud Dust und Liebkosung

 

Abschiedsbild

Goodbye Teni

Viel Glück in deinem neuen Zuhause du süße Maus <3

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